Die Iden des März - Caesars Ermordung

Am 15. März des Jahres 44 v. Chr. wurde der Dictator Gaius Julius Caesar in Rom ermordet. Eine Gruppe von etwa 60 Männern, angeführt von Marcus Iunius Brutus und Gaius Cassius Longinus, hatte dieses Attentat geplant und durchgeführt. Die Verschwörer hofften mit dieser Tat den alten republikanischen Staat wiederherzustellen, dessen ehrwürdige Traditionen und Gesetze Caesar so wenig geachtet hatte.
In den letzten Jahren vor seinem Tod regierte Caesar in Rom wie ein absoluter Monarch. Er hatte sich außerhalb der alten Ordnung gestellt, unbekümmert sein eigenes Schicksal mit dem des römischen Staates verbindend. Während Männer wie Cicero unablässig um eine adäquate Einstellung zu Caesar rangen, gruppierten sich um Brutus und Cassius die Caesargegner, die den Weg der Gewalt als einzige Lösung ansahen. Während die Verschwörung Gestalt annahm, wurde Caesar wiederholt gewarnt, daß etwas gegen ihn im Gange war. Aber er vertraute weiter auf sein Glück, bis es ihn an den Iden des März endgültig verließ.

Caesars Werdegang
Rubicon
Pharsalos und die Folgen
Veni, vidi, vidi
Die Verschwörung
Idibus Martiis
Gaius Iulius Caesar

 

Der Staatsmann Cicero hat Caesar so beschrieben:
"Er besaß Genie, Scharfsinn, Erinnerungsvermögen, Bildung, Fürsorglichkeit, Gedankenzucht und Umsicht; er hatte kriegerische Leistungen vollbracht, die zwar verderblich für den Staat und doch bedeutend waren, hatte, viele Jahre von der Absicht, Alleinherrscher zu sein, durchdrungen, nach großer Mühe und großen Gefahren sein Ziel erreicht, hatte durch Spiele, Bauten, Geschenkverteilungen und öffentliche Festschmäuse die unwissende Menge geködert und seine Freunde durch Belohnungen, seine Feinde durch den Schein der Milde an sich gefesselt - kurz und gut, er hatte unserem freien Volk die Knechtschaft teils durch Furcht, teils durch Abstumpfung bereits zur Gewohnheit gemacht."

Kein anderer Römer hat die Zeitgenossen und die Menschen späterer Jahrhunderte so in Gegner und Bewunderer aufgespalten wie Caesar. Eine Gruppe von etwa 60 Männern, darunter einige, die zu seinem engsten Freundeskreis gehörten, haßten Caesar so sehr, daß sie ihn ermordeten. Warum?


Caesars Werdegang

Gaius Julius Caesar war im Jahr 45 v. Chr unangefochten der erste Mann im römischen Staat; er herrschte in Rom wie ein absoluter Monarch. Das konnten viele Römer nur schwer akzeptieren. Rom hegte traditionsgemäß eine tiefe Abneigung gegen jede Art von Alleinherrschaft. Vor fast 500 Jahren hatte man die Königsherrschaft beendet und im Aufbau des republikanischen Staates alles dafür getan, daß nie wieder einer allein regieren sollte. In alle wichtigen Staatsämter wurden jeweils zwei oder mehrere Amtsinhaber gewählt, die ihre Beschlüsse gemeinschaftlich fassen mußten. Die Amtsdauer betrug in der Regel ein Jahr. Ganz besonders streng hatte man das Amt des Consuls im Auge, denn die beiden Consuln führten die Regierungsgeschäfte.
Wie konnte es also geschehen, daß Gaius Julius Caesar im Jahr 45 v. Chr. praktisch als Alleinherrscher dastand?

Als Gaius Julius Caesar am 13. Juli des Jahres 100 v. Chr. in Rom geboren wurde, konnte niemand ahnen, daß gerade er der altehrwürdigen republikanischen Staatsform den Todesstoß versetzen würde. Seine Eltern, der gleichnamige Vater und seine Mutter Aurelia waren Repräsentanten eines der ältesten und vornehmsten Adelsgeschlechter Roms. Auf den trojanischen Helden Aeneas, ja, auf die Göttin Venus selbst führte das Haus der Julier seine Abstammung zurück.

"Von Venus stammen die Julier ab, deren Geschlecht unsere Familie angehört," sagte Caesar selber.

Auch die Familie seiner Mutter, die Aurelier, gehörten seit langem der Senatsaristokratie an, die traditionsgemäß die die Geschicke des Staates leitete. Caesars Ausbildung brachte schon bald seine außergewöhnlichen Begabungen ans Tageslicht. Er fing früh zu schreiben an und sollte später über seine Feldzüge persönlich berichten.
Dennoch war Caesar kein knochentrockener Streber; seine Erfolge flogen ihm auf Grund seiner ungewöhnlichen Fähigkeiten wie von selbst zu. Persönlich war er elegant, charmant und lässig und liebte Vergügen und Luxus.

Daß Caesars Karriere so außergewöhnlich ausfallen sollte, lag einerseits an seinem eigenwilligen Charakter, andererseits an den verworrenen und schwierigen politischen Verhältnissen seiner Zeit.

Bürgerkriege, soziale Erschütterungen und zeitweise innenpolitische Anarchie waren der Hintergrund, vor dem sich Caesars Aufstieg vollzog. Die Gesellschaft spaltete sich in zwei Richtungen: die Popularen hatten die Interessen des einfachen Volkes im Auge oder gaben dies zumindest vor. Die erzkonservative Aristokratie, die Optimaten, kämpfte für die traditionellen Rechte des Senats. Sie rangen unter sich um die besten Pfründe und zeigten für die Bedürfnisse des Volkes im Übrigen souveräne Mißachtung.

Schon im Bürgerkrieg der 80er Jahre zwischen den Feldherren Gaius Marius und Lucius Cornelius Sulla fiel Caesar durch seine selbstbewußte Haltung auf. Marius galt als Führer der Popularen, Sulla dagegen war lupenreiner Optimat. Caesar hatte zu Marius verwandtschaftliche Beziehungen. Nach dem Sieg über Marius wäre das für Sulla Grund genug gewesen, Caesar zu töten, wie er es mit Zigtausenden von Marianern getan hatte. Die Familie von Caesars Mutter bat um Gnade für den jungen Mann. Widerstrebend ließ Sulla sich erweichen. Er meinte:

"Ihr habt doch keinen Verstand! Seht ihr nicht, daß in diesem Knaben mehr als EIN Marius steckt!
Nun so habt ihr euren Willen. Aber ich sage euch: der, dessen Rettung ihr so sehr wünscht, wird euch und der Aristokratie dereinst den Untergang bringen..."

Sullas Ausspruch war geradezu prophetisch. In seiner Laufbahn vertrat Caesar viele Interessen, aber im Grund ergriff er nur eine Partei: seine eigene. Sein Ziel war Macht, ausreichend Macht, um seine politischen Vorstellungen durchzusetzen. An Selbstbewußtsein fehlte es ihm nicht, er zweifelte nie daran, daß der römische Staat am besten in seinen Händen aufgehoben wäre. Als Sulla im Jahr 79 v. Chr. abdankte, hielt Caesar das für baren Unsinn.

Mit beißendem Spott sagte er: "Sulla war ein politischer Analphabet, als er die Dictatur niederlegte."

Caesar durchlief die senatorische Ämterlaufbahn Stufe für Stufe. Sein Ziel, der Erste in Rom zu werden, muß er schon früh für sich festgelegt haben. In Senatorenkreisen sicherte er sich nach allen Seiten hin ab und schuf sich Freunde und Anhängerschaft. Ganz besonders umwarb er aber die römische Bevölkerung.

"Ohne Bedenken gab Caesar gewaltige Summen aus, so daß es schien, er tausche sich um den Preis eines riesigen Aufwandes einen kurzlebigen Eintagsruhm ein, während er in Wahrheit mit geringen Kosten das Höchste erkaufte. Seine Schulden sollen sich, bevor er überhaupt ein Amt bekleidetete, auf dreizehnhundert Talente belaufen haben. Als Aedil ließ er dreihundertzwanzig Fechterpaare auftreten und entfaltete bei den Aufführungen, Festzügen und öffentlichen Speisungen solchen Prunk, daß das Bemühen all seiner Vorgänger daneben verblaßte. Das Volk aber war begeistert." (Plutarch, Caesar)

Im Jahr 61 v. Chr. befand sich Caesar auf dem Weg nach Spanien, um dort seine Statthalterschaft anzutreten. Auf der Reise kam er an einem kleinen Dorf vorbei. Einer seiner Begleiter bemerkte scherzhaft, auch hier gäbe Machtkämpfe und Konkurrenzdenken. Caesar seufzte:

"Und ich möchte lieber unter diesen der erste als in Rom der zweite sein."

In Rom stand ihm dabei vor allem Gnäus Pompeius im Wege. Der erfolgreiche Feldherr hatte die Unterstützung des Senats und so bedeutender Politiker wie Cicero und Cato d. Jüngere. Geschickt zog Caesar Pompeius zunächst auf seine Seite. So schaffte er 59 v. Chr. den Sprung ins Consulat. Seinen Amtskollegen Bibulus manövrierte er so geschickt aus, daß die Römer spotteten, man befände sich im Consulatsjahr des Gaius Caesar und des Julius Caesar. Seine Amtszeit nutzte Caesar, um überall in die Schaltstellen der Macht seine Leute zu postieren. Die Rechnung ging auf: nach Ablauf seines Amtjahres wurden ihm für sein Proconsulat 3 Provinzen und 4 Legionen zugesprochen. Und das noch dazu auf mehrere Jahre! Hier wurde jegliche Tradition mißachtet!

Der Caesargegner Cato d. Jüngere war entsetzt: "Jetzt hat sich das Volk den Tyrannen ins Haus geholt!"

Gaius Iulius Caesar, einzige zeitgenössische Büste

Rubicon

Von 58 bis 51 v. Chr. eroberte Caesar Gallien für das römische Imperium. Danach besaß er eine schlagkräftige, ihm treu ergebene Armee und aus dem eroberten Gebiet flossen ihm unermeßliche Reichtümer zu. Für seine Gegner in Rom war er zum Alptraum geworden. Auch Pompeius, der Mann des Senats, bekämpfte ihn jetzt. Die Statthalterschaft Caesars für die eroberte Provinz sollte 49 v. Chr. enden. Um ein erneutes Consulat Caesars zu verhindern, ordnete der Senat an, Caesar müsse seine Truppen entlassen, bevor er nach Rom käme. Ohne Truppen aber wäre er weit weniger mächtig gewesen.

An der Grenze seiner Provinz, dem Flüßchen Rubicon, dachte Caesar nach. Er wußte, würde er den Rubicon überschreiten, wäre der Bürgerkrieg mit Pompeius und dem Senat da.

"Wieviel Unglück wird der Übergang den Menschen verursachen?" fragte sich Caesar. Er sah die Lage völlig klar.
"Der Verzicht auf diesen Übergang wird mir Unglück verursachen, der Übergang aber allen Menschen. Noch können wir zurück. Wenn wir aber diese kleine Brücke überschritten haben, müssen wir alles den Waffen anheimstellen."

Caesar ergriff eindeutig Partei für sich selbst. "Der Würfel soll geworfen werden!" rief er aus und marschierte auf Rom.
Wie konnte er so handeln? Stellte er sein persönliches politisches Ziel über das Wohlergehen Roms?

Caesar war sicher kein brutaler Menschenschlächter. Im Gegenteil, die Milde, mit der er seine Gegner behandelte ist in Rom geradezu sprichwörtlich geworden. Aber er war felsenfest davon überzeugt, daß sich das Wohl des römischen Volkes mit seinem eigenen verband. Die republikanische Ordnung sah er als zerrüttet und nicht reformfähig an. Er hatte sich außerhalb dieser Ordnung gestellt.

"Die Republik ist ein Nichts, ein bloßer Name, ohne Körper und sichtbare Gestalt," sagte er verächtlich.

Mit dieser Haltung hatte er sich weit von seinen Zeitgenossen entfernt, die sich einen anderen Staat schlicht nicht vorstellen konnten. Caesar nahm beispielsweise den Senat einfach nicht ernst. Er sah in dessen Beschlüssen gegen ihn selbst nicht den Willen des "Staates" oder des "Volkes", sondern lediglich die Machenschaften seiner Feinde. Und diese seine Feinde galt es jetzt zu beseitigen, nicht mehr und nicht weniger.
Immer weniger scherte sich Caesar um die Gesetzmäßigkeit seiner Handlungen. In Rom brachte er als erstes den Staatsschatz in seine Hände. Ein Volkstribun versuchte, ihn daran zu hindern.
Caesar belehrte ihn kühl: "Waffen und Gesetze vertragen sich nicht miteinander. Wenn du dich ärgerst über mein Beginnen, gehe lieber deiner Wege. Der Krieg duldet keinen Widerspruch. Ist einmal der Friede geschlossen und habe ich die Waffen niedergelegt, dann magst du kommen und deine Reden halten. Und wenn ich dies sage, so vergebe ich mir damit schon etwas von meinem Recht. Denn du bist in meiner Gewalt, so gut wie alle anderen meiner Gegner, die mir hier in die Hände geraten sind."

Er werde den Tribunen töten lassen, meinte Caesar, wenn er mit seine lästigen Quertreibereien nicht aufhöre. "Und das weißt du, Bürschchen, daß es mich saurer ankommt, dies zu sagen, als es zu tun."

Pharsalos und die Folgen

Der Bürgerkrieg endete mit einer vollständigen Niederlage des Pompeius und seiner Legionen. Pompeius selbst fand dabei den Tod. Nach der Entscheidungsschlacht von Pharsalos im Jahr 48 v. Chr. liefen seine Soldaten in Scharen zu Caesar über und dieser hieß jeden willkommen, der sich ihm anschließen wollte. Nach dem Sieg war Caesar stets offen für die Politik der Versöhnung. Seit jeher hatte er sich für diese Haltung ausgesprochen.

"Ich will versuchen, auf diese Weise alle zu gewinnen und den Sieg dauerhaft zu machen. Denn die anderen konnten ihrer Grausamkeit wegen dem Haß nicht entgehen und den Sieg nicht länger festhalten, mit einziger Ausnahme Sullas, der aber nicht mein Vorbild ist. Das sei die neue Methode zu siegen, daß ich mich durch Mitleid und Großmut sichere. Wie das möglich ist, darüber habe ich mir schon Gedanken gemacht, und es läßt sich sicher noch manches finden."

Ein Senator schrieb damals in einem Brief an Cicero: "Hast du jemals von jemandem gelesen, oder gehört, der schärfer im Zupacken oder maßvoller im Siege gewesen wäre?"

Auch die ehemaligen Pompeiusanhänger Gaius Cassius Longinus und Marcus Iunius Brutus schlossen sich nun Caesar an. Brutus gelangte sogar in dessen engeren Freundeskreis, denn er war der Sohn von Caesars langjähriger Geliebten Servilia. Schon damals munkelten die Klatschmäuler, Brutus sei womöglich gar Caesars leiblicher Sohn. Sicher ist, daß Caesar seinen späteren Mörder gernhatte, aber in ihm ganz klar eine gewisse Neigung zum Fanatismus erkannte. "Es kommt sehr darauf an, was er will; aber was er will, das will er ganz."


Veni, vidi, vici

In den nächsten zwei Jahren zertrat Caesar in mehreren Feldzügen die Reste des pompeianischen Widerstands. Auch seine Romanze mit Königin Kleopatra von Ägypten unterbrach die Kriege nicht lange. Überall konnte gelten, was Caesar von einem Aufstand in Kleinasien sagte:

"Ich kam, sah, siegte."

Seit September 45 v. Chr. weilte Caesar wieder in Rom. Jetzt gab es keine offene Gegnerschaft mehr. Im Gegenteil: die Senatoren überschlugen sich an Unterwürfigkeit und ließen in der Folgezeit die Ehrungen und Auszeichnungen nur so über Caesar hereinprasseln. Er wurde Consul, oberster Priester, oberster Sittenrichter, Oberbefehlshaber der Armee; er erhielt die Amtsgewalt der Volkstribunen, den Titel "Vater des Vaterlandes" und schließlich die Dictatur auf Lebenszeit. Sein Geburtsmonat Quinctilis wurde in Julius umbenannt und so heißt er bis auf den heutigen Tag. Sogar Caesars Vergöttlichung wurde geplant.

Und Caesar sonnte sich in seinem Glanz. Erfüllt von rastloser Aktivität nahm er seine Ziele in Angriff: Neuordnung der Provinzen, Ansiedlung der Veteranen, Neuordnung des Kalenders und... und... und... . Um die traditionelle Ordnung des Staates kümmerte er sich nicht. Mit den altehrwürdigen Ämtern sprang er um, wie es ihm paßte und Gesetze achtete er nur, wenn sie ihm nicht im Weg standen.

Tiefe Depression bemächtigte sich derer, die am alten Staat hingen. Der Philosoph Cicero, die moralische Autorität im Lande, verbrachte Jahre des qualvollen Ringens um eine angemessene Einstellung zu Caesar. Immer wieder mahnte er Caesar, die Republik wiederherzustellen.

"Gerichte sind zu bilden, Treu und Glauben wieder zu beleben, die allseits wuchernde Willkür in Schranken zu weisen, Nachwuchs muß wieder hervorgebracht werden, alles, was schon aufgelöst auseinandergeflossen ist, muß durch strenge Gesetze wieder zusammengebunden werden. ...
Wenn du nach deinem Sieg das Gemeinwesen in dem Zustand hinterläßt, in dem es sich befindet, mußt du in Sorge sein, daß dein göttliches Leistungsvermögen mehr Staunen als Ruhm nach sich ziehen wird."

Resigniert und verbittert mußte Cicero endlich feststellen, daß Caesar nicht die geringste Absicht hatte, seinen Ratschlägen zu folgen.

"In Caesar ist eine solche Lust am Unrechttun gewesen, daß eben dies ihn selbst ergötzte, Unrecht zu tun, auch wenn er keinen Grund dazu hatte... . Er hat alle göttlichen und menschlichen Satzungen mit Füßen getreten."

Cicero stand nicht allein mit seiner Ansicht. Caesars Gegnerschaft wuchs. Besonders Marcus Iunius Brutus, der in regem Gedankenaustausch mit Cicero stand, empfand die Dictatur Caesars zunehmend als unerträglich. Und Gaius Cassius Longinus hatte schon vor Jahren geschrieben: "Ich will sterben, wenn ich nicht voll Sorgen bin und lieber den alten milden Herrn behalten, als es mit dem neuen grausamen versuchen möchte."


Die Verschwörung

Wann Brutus und Cassius zum erstenmal den Gedanken faßten, Caesar zu ermorden, kann nur vermutet werden. Vielleicht war der Anlaß jene Szene, die der Geschichtsschreiber Plutarch berichtet:

"Angetan mit den Insignien des Triumphators saß Caesar auf der Rednertribüne auf goldenem Sessel, um sich den Festzug anzusehen. Auch Antonius, welcher damals Consul war, nahm teil an dem heiligen Lauf. Als er aufs Forum kam und die Menge ehrerbietig vor ihm auseinander wich, streckte er Caesar ein lorbeerumkränztes Diadem entgegen. Man hörte Händeklatschen, das aber dünn und schwächlich klang; denn es rührte von ein paar wenigen Leuten her, welche dazu bestellt worden waren. Als Caesar das Diadem zurückwies, brauste ihm der Jubel des ganzen Volkes entgegen."

Und noch einmal bot Marcus Antonius an diesem 15. Februar des Jahres 44 v. Chr. Caesar die Königskrone an. Caesar schlug sie wieder aus.

"Ich bin Caesar, nicht König!"

Die Königswürde für Caesar? Allein der Gedanke war frevelhaft. Caesar hatte die Krone zwar ausgeschlagen, aber für wie lange noch? Alles konnte nun geschehen...

Die Verschwörung nahm Gestalt an. Besonders Brutus schien allein durch seinen Namen geradezu prädestiniert für den Tyrannenmord. Man sah ihn nämlich als den Nachfahren jenes legendären Brutus, der vor 500 Jahren den letzten römischen König von Thron gejagt hatte. Brutus habe eine moralische Verpflichtung, die Verschwörer zu führen, meinte auch Gaius Cassius: "Du hast deinen Ahnen gegenüber eine Schuld abzutragen; von dir verlangen die Besten den Sturz der Tyrannenherrschaft."

Über Nacht tauchten in der Stadt Zettel auf mit Aufschriften wie "Schläftst du, Brutus?", oder "Du bist nicht Brutus!"

Cassius hegte inzwischen einen ganz persönlichen Groll gegen Caesar. Der Dictator hatte ihn bei der Vergabe eines Amtes übergangen.

"Brutus haßte die Herrschaft, Cassius den Herrscher."

Ernst, von der moralischen Richtigkeit seines Tuns überzeugt, plante Brutus den Tod Caesars. Zweifellos war Brutus "ein ehrenwerter Mann", wie Shakespeare Jahrhunderte später dichten sollte. Doch weder er noch seine Mitverschworenen schätzten die Sachlage richtig ein. Naiv glaubten sie, nach der Beseitigung Caesars würde der alte Staat wieder funktionieren. Die tiefe politische und moralische Zerrüttung der alten Ordnung, die die Herrschaft eines Caesar überhaupt erst ermöglicht hatte, nahmen sie nur ungenügend wahr. Auch Cicero sollte später urteilen, die Verschwörung sei mit "männlichem Herzen und kindlichem Verstand" unternommen worden.

Der Dictator selbst ahnte, daß etwas gegen ihn im Gange war. Immer wieder mahnte man ihn, sich vorzusehen, ja, Caesar vermutete sogar ganz richtig, wer in Wirklichkeit sein Todfeind war.

"Über die wohlbeleibten, schönfrisierten Herren braucht man sich keine Sorgen zu machen, wohl aber über die blassen, mageren! Was dünkt euch von Cassius? Mir will seine Blässe gar nicht gefallen!"

Und doch machte sich Caesar wenig Sorgen. Wie immer vertraute er auf sein Glück.

Die Zeit drängte. Caesar plante, am 17. März zu einem Feldzug gegen die Parther aufzubrechen und wann er zurückkommen würde konnte niemand wissen. Entschlossen setzten Brutus und Cassius Tag und Ort für den tödlichen Schlag fest: am 15. März, den Iden des März, würde der Senat um 11 Uhr vormittags im Theater des Pompeius tagen. Diese Sitzung, so der Plan, durfte Caesar nicht überleben. Dann sollte sich alles entscheiden.


Idibus Martiis

Dunkle Wolken ballten sich über Caesar zusammen. Üble Vorzeichen kündigten die schrecklichen Ereignisse an und mit unheilverkündender Miene warnte der Seher Spurinna Caesar vor den Iden des März: Grauenvolles würde an diesem Tage geschehen, Caesar möge am besten sein Haus nicht verlassen.
Aber der Dictator blieb gelassen. Am Abend des 14. März speiste er bei einem Freund. Im Verlauf des Gesprächs wurde er gefragt, welchen Tod er für den besten halte. Spontan rief er aus: "Der unerwartete!"

Brutus schlief schlecht in dieser Nacht. Immer wieder marterten ihn Skrupel und er warf sich unruhig auf seinem Lager hin und her.
"Oft ließ ihn die Sorge aus dem Schlaf auffahren, oft war er in seine Überlegungen vertieft und mit den Schwierigkeiten seiner Pläne so beschäftigt, daß es seiner Frau, die bei ihm ruhte, auffiel, wie ihn Sorgen drückten und seine Gedanken sich mit lästigen, schweren Plänen beschäftigten." schreibt Plutarch in seiner Brutus-Biographie

Aber auch für Caesar und seine dritte Gemahlin Calpurnia wurde es eine schlimme Nacht.

"Er legte sich wie sonst an der Seite seiner Gattin zur Ruhe. Plötzlich sprangen alle Türen und Fenster des Schlafgemachs auf, und als er emporfuhr, erschrocken ob dem Geräusch und dem hell ins Zimmer fallenden Mondschein, nahm er wahr, wie Calpurnia in tiefem Schlaf unverständliche Worte und abgerissene Seufzer ausstieß. Ihr träumte, sie weine über ihren Gemahl, den sie ermordet in den Armen halte."

In Panik flehte Calpurnia am Morgen des 15. März ihren Mann an, nicht zu der Senatssitzung zu gehen. Fast hätte sie es geschafft, ihn zu überreden; Caesar schien beeindruckt von ihren Ahnungen. Doch es kam anders.
Unter denen, die Caesar ihre Morgenaufwartung machten, befand sich auch einer der Verschwörer. Blitzschnell überschaute er die Lage und zog Caesar mit sich nach draußen. Der Senat warte schon auf ihn und überhaupt, seit wann gäbe denn er, Caesar, etwas auf Träume von Frauen?

Umringt von vielen Leuten bestieg Caesar seine Sänfte. In diesem Moment drängte sich ein Mann durch die Menge: der Grieche Artemidorus hatte in Brutus Haus einige dunkle Andeutungen aufgeschnappt und sich den Rest zusammengereimt. Alles, was er wußte, hatte er aufgeschrieben, darunter auch die Namen der Hauptverschworenen. Atemlos drückte er Caesar die Schriftrolle in die Hand. "Caesar, das mußt du lesen, allein und schnell! Es stehen wichtige Dinge drin, die dich ganz besonders angehen!"

Caesar nickte lächelnd und wandte sich wieder den Bittstellern zu. Doch als die Sänfte sich in Bewegung setzte, liefen die Leute weiter nebenher und Caesar hatte für alle ein offenes Ohr.
Inzwischen hatten sich die Verschwörer auf den Stufen des Pompeiustheaters versammelt. Bleich und übernächtigt erwarteten sie in fieberhafter Spannung die Ankunft Caesars. Letzte Anweisungen im Flüsterton: der Consul Antonius muß abgelenkt werden. Sofort gingen zwei, drei Verschwörer zu Antonius und verwickelten ihn in ein Gespräch.
Kurz vor 11 Uhr kam die Sänfte an. Als Caesar die Stufen zum Theater hinaufstieg, hielt er die verschlossene Schriftrolle noch immer in seiner Hand. Plötzlich sah er den Seher Spurinna an einer Säule lehnen.

"Die Iden des März sind ja nun da!" rief Caesar aus. Unverhohlener Spott klang in seiner Stimme. Doch der Seher antwortete dunkel: "Ja, sie sind da, Caesar, aber sie sind noch nicht vorüber!"

Als Caesar das Theater betrat, umringten ihn die Verschwörer so, als ob sie ihm ihre Ergebenheit bezeugen wollten. Einer der Gruppe bat Caesar um einen Gefallen, wurde aber auf später vertröstet. Da ergriff ein anderer Caesars Toga und versuchte, sie herunterzureißen. Das war das verabredete Zeichen zum Losschlagen! Der Verschwörer Casca zog seinen Dolch und stach als erster zu, zitterte aber vor Aufregung so sehr, daß er sein Opfer nur leicht am Hals verwundete. Entgeistert fuhr Caesar herum: "Das ist ja Gewalt! Verruchter Casca, was tust du da?"

Jetzt zogen alle ihre Schwerter und Dolche. Wohin Caesar sich auch wendete, überall zuckten die Messer und fuhren auf ihn nieder. Eine kurze Zeit versuchte er schreiend und sich windend den Hieben zu entgehen. Da sah er Brutus. Ein letztes verzweifeltes Aufstöhnen: "Auch du, mein Sohn Brutus?"

Jetzt leistete Caesar keinen Widerstand mehr. Dreiundzwanzigmal getroffen brach er unter der blutbespritzten Bildsäule des Pompeius zusammen und starb.

Wie Donnerhall durcheilte die Nachricht von Caesars Ermordung das römische Reich. Ganz Rom hielt den Atem an: wie sollte es weitergehen? Diejenigen, die auf die Wiederherstellung des alten Staates gebaut hatten, sahen sich bald bitter enttäuscht. Die alte Republik war längst vor Caesar gestorben. Der Adoptivsohn Caesars, der spätere Kaiser Augustus, sollte schon bald die Herrschaft eines Einzelnen in Rom für alle Zeiten festschreiben.

"Es lebt die Tyrannei, nur der Tyrann ist tot!" hat man später gesagt.

Und die Mörder Caesars? Die Tat hatte auch ihr Leben vernichtet. Verfolgt und bekriegt von Caesars Nachfolgern, gejagt von Schuldgefühlen, endeten Brutus und Cassius mit Selbstmord.